Diese Woche schickte mir ein Twitter-Nutzer die folgende Grafik. Sie stammte aus diesem Text, der behauptete, der Klimawandel habe die Zahl der Naturkatastrophen erhöht.
Grafik und Text sind hochgradig irreführend, und es ist erschreckend, dass eine Instanz wie “Statista” solch einen Unsinn verbreitet.
Es ist ein billiger Trick, mit kumulierten Zahlen einen Anstieg zu suggerieren, denn die Addition lässt eben nur einen Anstieg zu. Aber das ist nicht alles.
Die Grafik beruht auf den Daten von EM-Dat, das die Meldungen über Naturkatastrophen sammelt.
EM-Dat hat betont, dass seine Daten keinen Schluss über Häufigkeitstrends und Klimawandeleffekte zulassen. Beispielsweise im CRED-Report 2007:
"Justifying the upward trend in hydro-meteorological disaster occurrence and impacts essentially through climate change would be misleading."
Ein EM-Dat-Forscher stellte fest, dass sich Trends über die Häufigkeit aus den Daten nicht ableiten ließen:
Das erste Problem der EM-Dat-Daten, das auch von den Vereinten Nationen gerne verschwiegen wird: Die Meldungen von Naturkatastrophen waren spärlich in der Vergangenheit. Hier das Beispiel Sowjetunion:
Die Anzahl der registrierten Naturkatastrophen steigt also unweigerlich mit der steigenden Zahl der Meldungen.
Der Statista-Logik zufolge hätten auch Erdbeben wegen der globalen Erwärmung zugenommen. Dabei gibt es natürlich keinen Zusammenhang, nur die Berichte über Erdbeben nahmen zu:
Hinzu kommt, dass die Bevölkerung massiv gewachsen ist und damit die Größe von Siedlungen und das Potential für Zerstörungen bei Wetterextremen. Das Risiko für Naturkatastrophen entspricht dem Produkt aus Naturgefahr x Anfälligkeit x Verwundbarkeit (Ausdehnung).
Obwohl die Zahl der berichteten Wetterkatastrophen zugenommen hat, ist die Wahrscheinlichkeit wegen einer Wetterkatastrophe zu sterben dramatisch gesunken - es sterben trotz massivem Bevölkerungswachstums weitaus weniger Menschen in den Katastrophen als früher (bessere Vorhersagen, Bauweisen und Infrastruktur haben die Anfälligkeit massiv reduziert).
Wetterkatastrophen scheinen auch nicht zerstörerischer als früher, das zeigt die um Inflation und Wertezuwachs bereinigte Statistik der Versicherungsschäden von Wetterextremen, die sogar einen abnehmenden Trend offenbart:
Und seit gut 20 Jahren nimmt auch die Zahl der gemeldeten Katastrophen nicht mehr zu, denn längst gibt es selbst aus abgelegenen Regionen Handyfotos etc.:
Auch in Europa gibt es laut EM-Dat keine Zunahme von Wetterkatastrophen (eher im Gegenteil) seit die berichtete Anzahl der Ereignisse vertrauenswürdig ist:
Dennoch hat die Erwärmung erkennbare Trends bei manchen Wetterextremen (Extreme, nicht Katastrophen!) ausgelöst wie der UN-Klimabericht dokumentiert, zum Beispiel in der folgenden Grafik aus Kapitel 12 (AR6, WG1).
Blau = Zunahme jenseits natürlicher Variabilität;
Orange = Abnahme jenseits natürlicher Variabilität;
Weiß = kein vertrauenswürdiges Signal.
Wenn also mal wieder zu lesen ist von vervielfachten Katastrophen, zum Beispiel im “Ressort Klimakrise", dann bitte einfach ignorieren, es ist Unsinn; häufig steckt wie hier PR einer UN-Organisation dahinter.
"Konstruktiver Journalismus" aber wird wohl weitermachen wie bisher, um die Bedeutung des Klimawandels näher zu bringen, wie es dieser Klima-Journalist empfohlen hat:
Dabei geht unter, dass Trittbrettfahrer des Klimaproblems Wetterkatastrophen nutzen, um Aufmerksamkeit zu heischen und eigene Interessen durchzusetzen. Axel Bojanowski
Nachtrag am 16.7.: Statista hat auf meine Vorwürfe hin angekündigt, seine Grafik überprüfen zu wollen.