Lange besteht Handlungsbedarf, um den Klimawandel zu bremsen. Die Situation erlaubt es Trittbrettfahrern, von dem Thema zu profitieren. Ein aktuelles Beispiel.
Kürzlich verschickte die UN-Umweltorganisation UNEP eine Pressemitteilung, die weltweit große Resonanz erfuhr. Ziel der UNEP ist es, „als Anwalt für die Umwelt zu dienen“.
Seit ihrer Gründung 1972 warnt die UNEP vor Umweltgefahren, diesmal vor schlimmer werdenden Waldbränden aufgrund des Klimawandels.
Die Pressemitteilung ging um die Welt. Nachrichtenagenturen verbreiteten sie, auch in Deutschland; Hunderte Medien berichteten, die meisten ähnlich wie die Pressemitteilung.
Üblicherweise lautete die Schlagzeile wie bei der „New York Times“: Klimaforscher würden vor schlimmeren Waldbränden warnen:
Doch die Sache stimmte so nicht. Waldbrände sind auf dem Rückzug.
Die Quelle der Nachricht war kein wissenschaftliches Fachmagazin, sondern die UNEP. Sie hatte die Umweltorganisation Grida beauftragt, das Waldbrandrisiko der Zukunft zu beschreiben; Grida arbeitet regelmäßig mit der UNEP zusammen.
UNEP und Grida sind keine Wissenschaftsinstitute. In ihrer aktuellen Veröffentlichung über Waldbrände beriefen sie sich auf wissenschaftliche Studien, vor allem auf diese, die eigens für den UNEP-Report angefertigt wurde.
Bei der Studie handelt es sich im Wesentlichen um eine Computermodellierung des globalen Waldbrandrisikos bei fortschreitender Erwärmung. Ergebnis: Waldbrände könnten bis 2050 um 30% zunehmen, bis 2100 um 50%.
Auf den ersten Blick ein plausibles Szenario: Der UN-Klimarat IPCC, der den Sachstand zum Klima sichtet, konstatiert in seinem aktuellen Bericht, dass Waldbrandwetter tendenziell zunehmen dürfte im Zuge der globalen Erwärmung.
Ob es aber deshalb auch mehr Waldbrände geben wird, lässt der IPCC offen, aus gutem Grund: Ob aus Waldbrandwetter Waldbrände werden, hängt vor allem vom Waldmanagement und von Vorsorge ab.
Weil sich Management und Vorsorge verbessert haben, ist der Trend bei den Feuern trotz fortgeschrittener Erwärmung rückläufig, schon seit langem.
Es brennt immer weniger, und Studien in renommierten Fachmagazinen prognostizieren, dass sich der Abwärtstrend bei Waldbränden fortsetzen wird, trotz Klimawandel.
Die UNEP aber fokussiert auf die reine Modellierung des Klimawandels, der vielerorts Waldbrandwetter, also das Risiko für Waldbrände, begünstigen könnte.
Die abwegige Annahme der UNEP lautet, im Widerspruch zur Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte: Menschen würden nicht weiter versuchen, das Feuer-Risiko zu mindern.
Der UNEP kommt das Ergebnis ihrer Studie entgegen, stützt es doch ihren Gründungszweck (das Phänomen ist als Shirky Principle bekannt). Alle anderen aber führt das Ergebnis in die Irre.
Die UNEP hat ihr Ziel erreicht: weltweite Berichterstattung im eigenen Sinne. Mediennutzer aber bekommen den falschen Eindruck, schlimmere Waldbrände wären unabwendbar im Zuge fortschreitender Erwärmung.
Dass der Spin der UNEP ohne Umschweife in die Medien gelangte, ist keine Besonderheit. Der Risiko-Spin ist beim Klimathema der Normalfall. Andere wichtige Faktoren werden normalerweise ignoriert.
Zu diesem Schluss kam der Soziologe Peter Weingart bereits vor mehr als 20 Jahren, nachdem er die Anfänge der Klimadebatte analysiert hatte: „Die Medien konzentrieren sich auf die Entfaltung katastrophischer Szenarien, wobei sie auf die von ihnen unterstellte Gewissheit wissenschaftlicher Expertise zurückgreifen.”
So ist es noch heute. Zum Nutzen politischer Organisationen, nicht zum Nutzen von Umwelt und Gesellschaft. Die bräuchten seriöse Informationen, um sich gegen die fortschreitende globale Erwärmung wappnen zu können. Axel Bojanowski