Kollaps der Klima-Verschwörung
Intransparente Netzwerke globaler Institutionen stehen hinter Umbau der Weltwirtschaft
Globale Institutionen wie die Vereinten Nationen (UN) und das Weltwirtschaftsforum (WEF) treiben im Schulterschluss mit Banken, Versicherungen und Pensionsfonds eine Klima-Agenda voran.
2019 verabschiedeten UN-Generalsekretär António Guterres und WEF-Chef Klaus Schwab einen gemeinsamen Plan, der helfen sollte, die sogenannten Nachhaltigkeitsziele der UN bis 2030 zu erreichen.
Die Institutionen - zusammen mit Finanzkonzernen und Vermögensverwaltern - nutzen ihren Einfluss, um gemäß der Netzwerk-Leitlinien Unternehmen und Investoren zu zwingen, ihr Geld aus Industrien zu ziehen, die hohe Treibhausgas-Emissionen aufweisen.
Jahrelang lief es wie geschmiert, Klimaschützer lobten die Bewegung. Doch nun scheint es zu Ende zu gehen; ich berichtete bei WELT. Ein kurzer Überblick.
Das WEF
Das Weltwirtschaftsforum hat zu manch abwegiger Verschwörungstheorie inspiriert, was allerdings durchaus auch in der verschworenen Rhetorik begründet ist, die dort gepflegt wird. Tatsächlich lässt sich von einer Verschwörung sprechen, indes nicht von einer geheimen. Die Protagonisten werben öffentlich in diesem Sinne.
„Die Zukunft wird von uns gestaltet, durch eine mächtige Gemeinschaft wie die hier in diesem Raum. Wir haben die Mittel, um den Zustand der Welt zu verbessern“, verkündete WEF-Chef Klaus Schwab auf der Jahresversammlung in Davos 2022.
2023 sinnierte der Klimabeauftragte der US-Regierung, John Kerry, dort über die Bedeutung der Institution:
„Wenn man darüber nachdenkt, ist es ziemlich außergewöhnlich, dass wir – eine ausgewählte Gruppe von Menschen – aufgrund von irgendetwas, das uns in unserem Leben berührt hat, in der Lage sind, zusammenzukommen und tatsächlich über die Rettung des Planeten zu sprechen.“
Dem WEF gehören rund tausend Großunternehmen an, zudem Politiker und Stiftungen reicher Finanziers. 2020 beschloss das Forum ein „Manifest“, das eine „vierte industrielle Revolution“ ausrief.
Unternehmen sollten demnach nicht mehr nur ihren Geldgebern und Kunden, sondern „allen Interessengruppen dienen“.
Die ESG-Regeln
Den Leitlinien zufolge sollen Unternehmen sich an den Bewertungskriterien der „Environmental, Social, Governance“-Kriterien orientieren, an der ESG-Skala. Sie zeigt, inwiefern Unternehmen klimafreundlich, sozial gerecht und “modern” geführt werden.
Die ESG-Normen stammen aus dem Bericht „Who Cares Wins“ des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, UNEP, von 2004. Sie dienten auf Druck von BlackRock und anderer bereits in den 2010er-Jahren als Entscheidungsgrundlage für Investmentunternehmen.
Waren Firmen eigentlich angehalten, die Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen, um Umsätze zu generieren, soll die ESG-Skala unabhängig vom Zweck des Geschäfts dazu bewegen, Klima-Ziele zu erfüllen.
Philipp Hildebrand, stellvertretender Vorsitzender von BlackRock erklärte 2019:
„Wenn Sie als Unternehmen erkennen, dass Ihnen Kapital abgezogen und einem Konkurrenten mit einem höheren ESG-Score zugewiesen wird, weil Sie einen niedrigen ESG-Score haben, welchen stärkeren Anreiz kann es geben?“
BlackRock & Co
BlackRock, der größte Vermögensverwalter der Welt, hält riesige Aktienpakete an Unternehmen, seine Leute sitzen reihenweise in Aufsichtsräten.
BlackRock führt eine Liste von Firmen, die wegen angeblich nachlässiger Geschäftsmodelle in Sachen Klimarisiken unter Beobachtung stehen. Ändern die Unternehmen nicht ihre Strategie, stimmt BlackRock auf Hauptversammlungen gegen das Management.
Auch die anderen Giganten der Finanzbranche wie State Street und Vanguard übten Druck aus, sodass sich Unternehmen gezwungen sahen, sich den Klima-Regularien zu unterwerfen, um nicht von Kapital abgeschnitten zu werden.
Der „Business Roundtable“, ein Firmenzusammenschluss in den USA, erklärte 2019, nicht mehr nur für die Anteilseigner arbeiten zu wollen, sondern „für eine Wirtschaft, die allen Amerikanern dient“ – gemeint war der Klimaschutz. Die US-Regierung unter Joe Biden erließ ein umfangreiches Regelwerk für „nachhaltige Investitionen“.
Die Fink-Briefe
Vor den Briefen, die der Blackrock-Vorsitzende Larry Fink jährlich veröffentlicht, zittern Manager von Großkonzernen. Sie studieren Finks Botschaft gründlich, denn von seinen Worten könnte ihr Schicksal abhängen.
2021 schrieb Fink:
„Wir fordern Unternehmen auf, einen Plan offenzulegen, wie ihr Geschäftsmodell mit einer Netto-Null-Wirtschaft vereinbar ist – das heißt einer Wirtschaft, in der die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzt wird.“
2022 legte Fink nach: Firmen, die keine CO₂-freie Zukunft planten, würden abgehängt. Die Nervosität in den Vorständen wuchs.
Es lief nach Plan
Investitionen in fossile Energien gingen zurück. „Der ESG-Druck hat auch börsennotierte Unternehmen im Bereich fossiler Brennstoffe dazu veranlasst, ihre Ausgaben für die Exploration zu senken und Vermögenswerte für fossile Brennstoffe zu veräußern“, bilanzierte der Ökonom Aswath Damodaran von der New York University. Raffinerien hatten schließen müssen, die Energiepreise stiegen.
Zentralbanken erklärten ESG und Klimawandel zur Priorität, und auch die Bankenaufsichtsbehörde der USA schloss sich der Agenda an, sodass Kredite fortan an Klima-Regeln geknüpft werden konnten.
Die Europäische Union schrieb ebenfalls umfangreiche ESG-Berichterstattung für Unternehmen vor; Hunderte spezialisierte Beratungsfirmen entstanden.
Die deutsche Bundesregierung warb anlässlich der „ESG-Berichtspflicht“ für eine „Industrie 4.0“ und dafür, „ESG als Fortschrittsmotor zu nutzen“. In ihrem Schreiben von 2022, adressiert an die Firmen in Deutschland, sprach sie Klartext: „Warum ESG-Reporting kein ‚nice-to-have‘ und jetzt für alle Unternehmen wichtig ist“, lautete der erste Punkt.
Widerstand
Die ESG-Lobby ist allerdings keinem demokratischen Prozess unterworfen, und es wurde nicht abgestimmt, ob die internationale Gemeinschaft ihre Wirtschaft nach den Vorstellungen des Netzwerks umbauen will.
Widerstand formierte sich.
Generalstaatsanwälte in den USA mahnten BlackRock, State Street und Vanguard, sie hätten Zweifel daran, dass die Vermögensverwalter, wie gesetzlich verpflichtet, im besten treuhänderischen Interesse seiner Kunden handle. Sie strengten Klagen an.
Politiker drohten mit dem Entzug staatlicher Aufträge, sollten Firmen wegen der ESG-Regeln benachteiligt werden. Der Finanzanalyst UBS stufte die BlackRock-Aktie schließlich herab – „wegen ESG-Anlagerisiken“.
Marlo Oaks, Schatzmeister des US-Bundesstaates Utah, wurde 2022 deutlich:
„Wenn man darüber nachdenkt, warum die Benzinpreise so hoch sind, ist vieles ein Angebotsproblem, und ein Grund, warum wir nicht genug Angebot haben, ist, dass wir nicht genug Kapital haben, das in Öl- und Gasprojekte fließt.”
Das Ende
Entnervt distanzierte sich Larry Fink. Im Sommer 2023 verkündete er, den Ausdruck „ESG“ nicht mehr verwenden zu wollen, der sei zu einem politischen Kampfbegriff verkommen.
Ökonom Damodaran höhnte: Fink gleiche einem Pyromanen, der sich über die Brände um ihn herum beschwert.
Vanguard verließ Ende 2022 die „Net Zero Asset Managers Initiative“ von mehr als 300 Großunternehmen, dessen Ziel es ist, den CO₂-Ausstoß der Wirtschaft auf null zu senken.
Auch große Kreditinstitute verließen die Initiative: Die Großbanken JPMorgan, Goldman Sachs, Wells Fargo Citi, Bank of America und Morgan Stanley quittierten das Bündnis.
Im November 2023 folgte der Kotau der Wall Street: Die amerikanische Börse strich die Begriffe „nachhaltig“ und „Transformation“ aus Fondsnamen – „nach enttäuschenden Renditen“.
Nun ist auch BlackRock aus der Netto-Null-Allianz ausgestiegen. Seinen Austritt begründet das Unternehmen damit, dass die Mitgliedschaft „Verwirrung über die Praktiken von BlackRock gestiftet“ hätte.
Viele Unternehmen können allerdings nicht so einfach aussteigen, für sie gelten die ESG-Regeln weiterhin. Axel Bojanowski
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