Der Klimaforscher Roger Pielke Jr. von University of Boulder hat den gerade veröffentlichten zweiten Teil (WG2) des neuen IPCC-Berichts (AR6) kritisiert. Der Report sollte über Anpassungsmaßnahmen gegen den Klimawandel informieren. Doch er sei „weit von seinem Ziel abgewichen“, kommentiert Pielke, der einige gravierende Probleme im Report entdeckt hat. Pielke ist einer der renommiertesten (meist zitierten) Klimaforscher zu den Themen Klimarisiken und Klimaszenarien und Träger des Eduard-Brückner-Preises.
Eigentlich soll der AR6-WG2 darlegen, wie sich Menschen gegen Klimarisiken wappnen könnten (Adaption), stattdessen würde sich der IPCC-Report an vielen Stellen auf das Ziel der Minderung von CO2-Emissionen konzentrieren (Mitigation). Pielke nennt zahlreiche Beispiele, unter anderem Fluss-Hochwasser: Das Risiko steige, so heißt es im WG2, der Bezug nimmt auf das mit der globalen Erwärmung einhergehende zunehmende Starkregenrisiko.
Allerdings zeigen Studien zum einen, dass die Anfälligkeit gegen Hochwasser trotz Erwärmung in den vergangenen Jahrzehnten trotz fortgeschrittener Erwärmung gesunken ist, weil Siedlungen gelernt haben sich anzupassen. Zum anderen zitiert Pielke Studien, die offenbaren, dass Schutzmaßnahmen auch künftig höhere Fluten einhegen könnten.
Dass AR6-WG2 bei Wetterrisiken wie Hochwasser auf pessimistische Perspektiven abhebt, liegt unter anderem daran, dass er Klimaszenarien nutzt, die aufgrund ihres postulierten CO2-Ausstoßes erwiesenermaßen obsolet sind: Der Klimarat nimmt das sogenannte RCP-8.5-Szenario in Anspruch, demzufolge die Menschheit die Zahl der Kohlekraftwerke ungefähr verfünffachen müsste, CO2-Ausstoß und Erwärmung in unrealistische Höhen treiben würde. Zudem setzt der IPCC-Bericht in den Szenarien voraus, dass die Menschheit keine weiteren Schutzmaßnahmen treffen würde gegen Wetterextreme wie Hochwasser.
Der Klimabericht habe damit „die Möglichkeit der Anpassung ausgeschlossen, eine lächerliche Annahme für einen Report über Anpassungsmaßnahmen“, kommentiert Pielke.
Die Kritik hat ein brisantes Vorspiel: Das Präsentieren von Schutzmaßnahmen gegen Wetterrisiken (Adaption) wird von Klimaschützern und aktivistischen Wissenschaftlern seit langem attackiert, weil es angeblich ablenke vom Ziel der Emissionssenkung (Mitigation). Pielke resümiert, der IPCC habe sich mit dem AR6-WG2 „als Cheerleader positioniert“ für politische Interessen.
Weitere Kritikpunkte von Roger Pielke Jr. am zweiten Teil des neuen UN-Klimaberichts gibt es bei ihm zu lesen. Ich hatte den Report ebenfalls aus mehreren Gründen auf WELT kritisiert.